Mit Kartenleser und Micro-Kamera
Mittwoch, 18. April 2012Diebe erbeuten tausende Euro mit präpariertem Geldautomaten im Stern-Center / Mehr als 20 Opfer
Der Schreck vieler Bankkunden am Dienstag nach Ostern war groß: Tausende Euro buchten Betrüger von ihren Konten ab – an Automaten in Brasilien. Ausgespäht wurden sie in Potsdam.
Als aufmerksamer Zeitungsleser und weltgewandter Vielreiser lässt Klaus Feldmann (Name geändert) immer Vorsicht walten. Bevor er einem Geldautomaten seine EC-Karte anvertraut, probt er den Sicherheitsdreiklang: Rütteln am Karteneinzug, Puhlen an der Zifferntastatur und Suchblick nach einer versteckten Kamera – um nicht Opfer einer Betrugsmethode zu werden, die im Fachjargon „Skimming“ heißt. Betrüger präparieren dabei Geldautomaten, in dem sie ein Lesegerät vor den Karteneinzug setzen und so an die EC-Karten-Daten kommen. An die Geheimzahl gelangen sie entweder über eine aufgeklebte Tastatur, die die Zahlen aufzeichnet, oder über eine winzige, am Automaten oder der Decke aufgeklebte Kamera. Diese Daten werden dann ins Ausland weitergeleitet, wo ein Komplize auf eine überall erhältliche Blanko-Karte die Daten programmiert und mit der erbeuteten Geheimzahl Geld abhebt.
Waren diese Manipulationen früher noch leicht zu erkennen, werden die Methoden mittlerweile immer raffinierter – auch, weil Banken, Automatenhersteller und Kunden gewarnt sind. Klaus Feldmann jedenfalls ist kürzlich Opfer eines Skimming-Angriffs geworden – und mit ihm mindestens 20 weitere Potsdamer. Zwischen dem 6. und dem 17. März war ein Automat der Ing-Diba im SternCenter präpariert. Erst nach einigen Wochen schlugen die Täter zu und hoben das Geld ab – in Brasilien, Mexiko und den USA. Gut 2000 Euro waren es bei Feldmann, wie er am Dienstag nach Ostern mit Schrecken feststellte, abgehoben in sechs Schritten in Brasilia und Sao Paulo. Andere traf es noch härter: Die höchste bislang angezeigte Summe liegt bei 3600 Euro, die geringste bei 700 Euro, sagte Polizeisprecherin Kathrin Laurisch. Als die erste Anzeige bei der Polizei einging, war die Spähtechnik schon abgebaut. Indem sie fast einen Monat mit den Abbuchungen warteten, ließen die Diebe sich genug Zeit, alle Spuren am Automaten zu verwischen.
20 Anzeigen gab es bis gestern, die Polizei rechnet aber mit deutlich mehr Geschädigten. Sorge um sein Geld muss indes niemand haben, die Banken unterhalten einen Fonds, der in solchen Fällen das Geld zurückzahlt. Klaus Feldmann hatte bis gestern allerdings noch keine Nachricht von seiner Hausbank, die aber eine schnelle und unbürokratische Lösung versprach, sofern Feldmann einen Antrag stelle und den Fall bei der Polizei anzeige.
Über die Höhe des Schadens wollte die Ing-Diba gestern keine Angaben machen. Man erstatte aber alles „zeitnah“ zurück. Bei auffälligen Abbuchungen würden auch Karten gesperrt und die Kunden benachrichtigt, so ein Bank-Sprecher. Es habe sich um den ersten Skimming-Fall an diesem Automaten gehandelt, so die Bank, die ihre Kunden weiterhin um Aufmerksamkeit bittet.
Auch des Management des Stern-Centers betonte, dies sei der erste Fall von Skimming in ihrem Hause. Für gewöhnlich mieden die Täter gut ausgeleuchtete, gut besuchte und von Wachschutz durchstreifte Center. Allerdings musste das Center aus Datenschutzgründen vor einiger Zeit alle Kameras abmontieren, weil in einem Hamburger Haus desselben Betreibers Beschwerden aufkamen.
Erschienen am 18.04.2012