Präsident beim König
Dienstag, 20. Juli 2010Feuerwehr: Mit sechs Monaten Verspätung besichtigt Matthias Platzeck die neue Wache
Auf seiner Sommernöte-Tour machte der Ministerpräsident in der neuen Feuerwache an der Humboldtbrücke Station – es wurde ein eher munterer Termin.
POTSDAM| Er hatte zwar schon einen halben Liter Blut, aber nicht seinen Humor verloren: Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) kam gestern Vormittag mit einem jovialen Schulterklopfen zu Potsdams Feuerwehr-Chef Wolfgang Hülsebeck und sagte, „König Hülsebeck“ möge ihm doch nun seine Gemächer zeigen. Schließlich sei er, Platzeck, bei der Einweihung der neuen Wache im Januar verhindert gewesen und wolle nun „die längst überfällige Aufwartung machen“. In der Staatskanzlei hatte man diese Aufwartung geschickt in einen Thementag zu den Sommernöten des Landes gepackt, und so war der Besuch beim „Feuerwehrkönig“ dezent zwischen den Blutspendetermin (Konservenknappheit in der Ferienzeit) und jenem in der Zossener Waldbrandzentrale (hohe Warnstufe bei der Hitze) geschoben worden.
Interessiert preschte Platzeck dem Pressetross (Saure-Gurken-Zeit) voran, erfuhr, dass die Feuerwehr in Potsdam auch alle Rettungseinsätze fährt, dass es neben der Hauptwache Dependancen in Neufahrland und Babelsberg gibt, dass die Potsdamer Kameraden im Schnitt 15 Minuten bis zum Einsatzort brauchen und dass wegen der Hitze 50 Prozent mehr Rettungseinsätze wegen Kreislaufproblemen anfallen. Der Ministerpräsident erkundigte sich bei jedem Mitarbeiter, dessen er habhaft werden konnte, ob die neue Wache ein Gewinn sei, und erhielt nur Zustimmung. Die Rettungsassistentinnen bestätigten ihm zudem den Segen der Klimaanlage in ihren Rettungswagen und verneinten die ministerpräsidiale Frage, ob sie bei Entbindungen im Auto notfalls die Nabelschnur durchbeißen müssten. Dazu gebe es Scheren.
Als sei er bestellt geworden, hallte dann ein Einsatzalarm durch die riesige Fahrzeughalle: Es brannte ein Müllcontainer in der Henning-von-Tresckow-Straße, wie auf den Monitoren gut zu lesen war. „Hat der Innenminister wohl wieder heimlich geraucht?“, scherzte Platzeck unverdrossen auf Kosten seines Zigarren liebenden Parteigenossen Rainer Speer, alles lächelte pflichtschuldig, währenddessen die erste Löschwagenbesatzung in Stiefel, Jacken und Helme sprang und davonbrauste.
Im Herzen der Wache, der Leitstelle für ganz Nordwest-Brandenburg, führte Platzecks routinierte Frage nach der Zufriedenheit zu einem kurzen Zögern. Ob sie die ehrliche oder die geplante Antwort geben solle, wollte eine Mitarbeiterin lächelnd von Wolfgang Hülsebeck wissen. Der lächelte zurück und räumte ein, dass die Klimaanlage zuweilen etwas laut sei und es zu Beginn Probleme bei der Alarmierung der Kollegen in Babelsberg gegeben habe. Sonst sei aber alles bestens. Drei bis vier Mitarbeiter besetzen derzeit tagsüber die Leitstelle, sobald auch der Kreis Ostprignitz-Ruppin hinzukommt, werden es bis zu acht Kollegen sein. „Das ist ja eine Feuerwache wie im Westen“, zeigte Matthias Platzeck begeistert, der, den Fluren folgend, auch forsch in eine Teeküche schritt und den entsetzten Ruf einer Mitarbeiterin, „hoffentlich macht niemand den Kühlschrank auf“, schon nicht mehr hörte.
Der Kühlschrank durfte daher sein Geheimnis behalten, und der Ministerpräsident, zufrieden ob der neuen Eindrücke, der schönen Wache, der glücklichen Mitarbeiter und der erledigten Aufwartung beim „Feuerwehrkönig“, setzte seine gut gelaunte Sommernötetour ’gen Zossen fort.
Erschienen am 20.07.2010