WAS BLEIBT: Rauchmelder-Arkadien
Donnerstag, 12. April 2012Es gibt für fast jede Randgruppe einen eigenen Tag, dieser hat aber selbst uns noch überrascht: Morgen ist der bundesweite Tag des Rauchmelders. Höchste Zeit für ein Interview mit einem Vertreter, fand Jan Bosschaart.
Tag des Rauchmelders – braucht die Welt so etwas wirklich?
Rauchmelder: Nun, wenn nicht gerade die Luft brennt, lassen wir ja nicht eben viel von uns hören.
Stimmt. Ist Potsdam denn ein gutes Pflaster für Ihresgleichen?
Rauchmelder: Sagen wir mal diplomatisch, es wird besser. In vielen Schulen und Kitas der Stadt waren wir ja lange Zeit deutlich unterrepräsentiert, aber seit ein paar Jahren wächst unsere Community auch dort zuverlässig.
Sie müssen immer gleich an die Decke gehen – nervt das nicht?
Rauchmelder: Das ist eine ambivalente Geschichte. Am Boden oder an der Wand gäbe es natürlich weniger zu tun, aber wenn man seine Aufgabe wirklich ernst nimmt, führt kein Weg an der Decke vorbei.
Verstehe. Nun ist die Zahl der Brände ja seit Jahren rückläufig. Ist Potsdam eine Art Schlafstadt für Sie, ein Rauchmelder-Arkadien?
Rauchmelder: Das würde ich nicht so sagen. Es kommt ganz drauf an, wo Sie stationiert sind. Im Stadthaus zum Beispiel gibt es viel zu tun. In Beigeordnetenkonferenzen ist die Luft so dick, dass teilweise mehrfach pro Sitzung die Batterien gewechselt werden müssen, ähnlich ist es im Plenarsaal, wenn’s ums Schwimmbad geht. Letztes Jahr hatten wir monatelang bei den Stadtwerken Großeinsatz, da brannte eigentlich ständig die Luft.
Und im Büro des Oberbürgermeisters?
Rauchmelder: Ach, da ist es vergleichsweise ruhig. In den letzten Monaten hatten wir nur zwei Einsatzfälle. Einmal, als sich der Baudezernent zum Haushalt geäußert hatte und dann zur „Aussprache“ gebeten wurde und einmal, als der OB sich nach Dienstschluss allein wähnte und eine Zigarette ansteckte.
Der Rauchmelder als Petze? Wie gemein! War das Schadenfreude?
Rauchmelder: Ich habe im Nachhinein mit dem Kollegen gesprochen. Er litt wohl schlichtweg unter einem Defizit an Zuwendung. Die Batterie war lange nicht getauscht, und auch der Probealarm ewig nicht geschaltet worden. Da ist ihm wohl die Sicherung durchgebrannt. Im übertragenen Sinne, versteht sich.
Ist das Rauchverbot seit 2008 eigentlich ein Problem für Sie?
Rauchmelder: Anfangs hatten wir mit einer gewissen allgemeinen Depressivität zu kämpfen, ja. Der Raucher war ja eine Art Komplize. Bevor er sich im Hotel oder Büro eine ansteckte, wanderte der Blick zur Decke, man beäugte den Gegner respektvoll und blies dann in die andere Richtung. Das entfällt nun. Aber wir haben ein Motivationsprogramm aufgelegt und den internationalen Rauchmeldertag eingeführt, und kämpfen uns aus dem Sumpf heraus.
Was kann der Normalverbraucher tun, um dem Rauchmelder dabei zu helfen?
Rauchmelder: Einmal im Monat den Alarm checken und gelegentlich mal das Gulasch auf dem Herd vergessen, das wäre nett. Es zeugt vom Respekt für unsere Arbeit und reduziert die Zahl der Fehlalarme, die einzig aus dem Gefühl der Vernachlässigung entstehen.
Erschienen am 12.04.2012