Architekt Peter Kulka über die Kritiken der Knobelsdorff-Freunde und die Passivität der Stadt
Peter Kulka ist der Schlossarchitekt. Mit ihm sprachen Jan Bosschaart und Volkmar Klein über Potsdamer Debatten und Türen.
MAZ: Nach all dem Streit um Fenster, Türen, Dachneigungen und Kutschdurchfahrten – sind Sie froh, dass der Rohbau abgeschlossen ist?
Peter Kulka: Ich bin vor allem stolz, stellvertretend für die Bauleute. Es ist Halbzeit bei einem schwierigen Projekt. Modernisten würden jetzt aufhören, wir aber bauen das Gebäude zweimal, weil jetzt die Knobelsdorff-Fassade vor den Beton kommt. Sie macht den Landtag zum schönen Öko-Haus, das war beim Dresdner nicht möglich.
Sehr diplomatisch. Aber haben Sie diesen Grad an öffentlichem Interesse, auch an Einmischung schon erlebt?
Kulka: Wir machen das Beste aus der Schizophrenie: außen historisch, innen modern mit höchsten Anforderungen an Sicherheits- und Energiestandards. Die Kritiker haben über einen halben Zentimeter Fenstersprossen diskutiert, aber wenn die Skater auf die Rampe am Plenarsaal fahren und sich die Nasen an den Scheiben plattdrücken können, muss man an die Sicherheit der Abgeordneten denken. Wir verbauen hier gigantisch dickes und schweres Glas. Mit dem isolierten Blick auf die Fassade ist die Gesamtaufgabe nicht zu meistern. Hier sind Laien überfordert. Für die zweite Halbzeit wünsche ich mir daher mehr Vertrauen einiger Bürger, dass wir hier die Richtigen sind.
Die Laien halfen immerhin, das Kupferdach zu erstreiten.
Kulka: Das ist richtig. Zink war eine Lösung, um das Projekt nicht zu gefährden und das Budget einzuhalten. Mir wurde berichtet, dass das Schloss in knappen Zeiten mit Zink gedeckt war. Ich konnte mir kein Geld für Kupfer drucken, doch dann kam zum Glück Herr Plattner.
Da waren auch Sie froh?
Kulka: Ja, und wir Bauleute haben nun die zusätzliche Arbeit (lacht). Aber ich habe zum Glück dicke Nerven.
Die sind jüngst strapaziert worden, als der Potsdamer Architekt Bernd Redlich klagte, Sie hielten die historischen Dachneigungen nicht ein.
Kulka: Das ist doch dummes Zeug. Wir bauen die Neigung, die Pro Denkmal aus Messdaten ermittelt hat. Es gibt immer Leute, die glauben nachweisen zu müssen, dass die anderen alle Idioten sind. Herr Redlich täte gut daran, sich um seine eigenen Bauvorhaben zu kümmern.
Anders als im Bebauungsplan vorgeschrieben, wollten Sie Metalltüren im Nordflügel, nicht Holz wie im Original.
Kulka: Ich denke manchmal, ich bin im falschen Film mit diesem schwachsinnigen B-Plan. Als Meister von heute muss man doch moderneTüren verwenden dürfen. Sie müssen neue Anforderungen erfüllen. Holz ist zu schwer, wenn die Oma zum Abgeordneten will. Dennoch widersetze ich mich nicht der Forderung nach Holztüren, in Dresdener Denkmalen lassen wir sie dann offen, dahinter kommt eine Schiebetür und dann eine dritte, die bei Sicherheitsproblemen schließt.
Haben Sie diese Debatten als reines Störfeuer erlebt?
Kulka: Die Diskussion ums Kupferdach hat etwas gebracht. Bei aller Freude möchte ich darauf hinweisen, dass sich das Kupferdach in den nächsten 25 Jahren schwer auf die barocken Fassaden legen wird, da es erst dann seine hellgrüne Patina zeigen wird.
Ab sofort beginnt der Innenausbau – wo lauern dort die Herausforderungen?
Kulka: Wir müssen mit knappen Mitteln arbeiten, da viel Geld für die historische Äußerlichkeit ausgegeben wird. Es wird die Kunst sein, aus nichts etwas sehr Schönes, Modernes zu machen. Ich bin unerschütterlich in dem Glauben, dass das gelingt.
Im Moment ist die Baustelle von den Kränen aus beleuchtet – gibt es ein Konzept, wie der fertige Landtag ins Licht gerückt wird?
Kulka: Darüber wollte ich lange mit der Stadt reden, aber die Stadt redet nicht mit mir. Herr Klipp ist ziemlich arrogant und exzentrisch. Ich glaube, es fehlt noch das Bewusstsein, dass man hier dringend etwas tun muss. Wir reden über Kutschzufahrten, obwohl es keine Kutschen gibt, aber über so wichtige Details wird nicht geredet.
Sie haben immer gesagt, die Kutschzufahrten sind machbar. Wären sie auch sinnvoll?
Kulka: Das liegt nicht in meiner Entscheidung. Ich wünsche mir, dass der Hof ein öffentlicher Raum wird.
Würden Sie den Auftrag noch einmal annehmen?
Kulka: Ich würde es wieder tun! Wenn sie mich nicht hätten, was würden sie tun? (lacht) Selbst die Klage über zehn Prozent Mehrkosten ist doch dummes Zeug. Beim Berliner Schloss kostet der Kubikmeter umbauten Raums schon doppelt so viel, bevor der Bau begonnen wurde. Nein, es macht trotz allem Spaß. Wo hat man heute eine solche Gelegenheit, der Stadt ihre Erinnerung zurückzugeben und zugleich die Wandlung von einem Repräsentationsschloss zu einem modernen Landtag zu vollziehen?
Erschienen am 25.11.2011
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