Bye-bye, Dahme-Spreewald!

Alles ein großer Irrtum – ein Resümee nach 42 Tagen und 850 Kilometern

Mithin die charmanteste Eigenschaft von Vorurteilen ist deren Beständigkeit. Für einen Lokalschreiber aus dem Norden Brandenburgs, der für zwei Monate in den Süden verschickt wurde, schien die Sache klar: LDS ist im Grunde wie OHV, nur, dass es unterhalb Berlins liegt und landschaftlich nicht so viel zu bieten hat. 42 Arbeitstage, 850 gefahrene Kilometer zwischen Schönefeld und Lübben, Klein Wasserburg und Groß Köris und verbürgte 6,25 Liter koffeinhaltiger Getränke später bleibt nur ein Resümee: Irrtum! Zunächst einmal ist der prosperierende Süden trotz explodierter Orte im Speckgürtel landschaftlich viel schöner, als wir Nordbrandenburger überheblicherweise glauben. Gut, der strahlende Frühling machte alles noch schöner, aber dennoch: LDS ist schön, auch nördlich vom Spreewald. Zweiter Punkt: Sie haben vermutlich keine Ahnung, wie gut Sie es mit dem Dahme-Kurier haben! Glauben Sie mir, eine Lokalredaktion, die mit so viel Kreativität und – doch, ja: – Freude ihre Arbeit tut, ist selten. Allein die Zahl der Rubriken und Serien – diese hier eingeschlossen – übersteigt den Einfallsreichtum der meisten anderen Lokalzeitungen um ein Vielfaches. Und dann die Kontinuität: Seit vielen Jahren ist der Redaktionsstab nahezu unverändert – von der daraus resultierenden Vertrautheit mit der Region und dem Vertrauen der Akteure profitieren Leser wie Zeitung gleichermaßen. (Ich darf das ohne Verdacht der Lobhudelei sagen, ich habe mein Zeugnis bereits…)

Drittens, und das ist vielleicht das Wichtigste: LDS verströmt einen Optimismus, den man im strukturschwachen Norden vergeblich sucht. Sicher, der Südkreis könnte besser aufgestellt sein, aber Teltow-Vermögen, Flughafen und Speckgürtel machten nicht nur Straßen und Sanierungen möglich, sondern verhinderten eine Resignation, die vielleicht die schwerste Bürde des Nordens ist. Warum Sie sich jetzt anhören müssen, wie jemand Ihnen Ihren Kreis erklärt, der erst vor zwei Monaten kam und nun – der Volontärsrotation ist’s geschuldet – schon wieder weg ist? Weil manchmal erst die Außenperspektive hilft, zu sehen, was man längst für selbstverständlich hält. Ich jedenfalls werde LDS vermissen, das Herumirren zwischen Friedersdorf und Heidesee (wo liegt das?), die Verwirrung um Kiekebusch (gehört zu Waltersdorf, das Teil von Schönefeld ist), die Suche nach Rosa Luxemburg (ein Gag für regelmäßige Plauderei-Leser) und die Seen zwischen Wolzig und Märkisch Buchholz. Bye- bye, LDS, vielen Dank! Und verpetzt mich nicht im Norden!

Erschienen am 09.06.2007

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