Aktionsfreie Alkoholwoche

Jan Bosschaart über Worte, die kaschieren sollen und dabei viel mehr verraten

Es bedarf keiner fundierten psychoanalytischen Ausbildung, um zu wissen, dass Versprecher verräterisch sind. Das Enttarnungspotenzial des gemeinen Zungenausrutschers ist total: Einmal verquasselt, und der Sprecher steht quasi nackt vor dem Publikum. Herausreden verschlimmbessert nur. Bleiben zwei erprobte Gegenmittel: Gepflegte Selbstironie, kombiniert mit dem Eingeständnis des ohnehin offensichtlich Gewordenen, oder weiterreden als sei nichts geschehen. Letzteres empfiehlt sich vor allem Zeitgenossen, denen die Selbstironie als soziales Werkzeug nicht zur Verfügung steht. Doch vor dem Einsatz dieses nur zweitbesten Mittels ist peinlich genau zu prüfen, dass niemand im Raum sitzt, der genau hinhört. Das mag für die Teambesprechung oder das Business-Meeting gelten, ist aber bei Pressekonferenzen ein seltenes Phänomen. Und so fanden folgende goldene Sätze auf der Aktionswoche gegen Alkohol den Weg in Journalisten-Blöcke: „Herzlich Willkommen zur Aktionswoche ,Alkohol ohne Grenzen’“ (der wahre Titel lautete: ,Kenn Dein Limit’) und „Hiermit eröffne ich die aktionsfreie Alkoholwoche.“ Entzug kann so schmerzhaft sein!

Erschienen am 30.06.2009

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