Freibier statt Wegzugsprämien

Aschermittwoch: Linkspartei und SPD dienen der CDU als Zielscheiben / Hilke und Pflüger geben sich angriffslustig

Rund 900 Gäste kamen zum politischen Kehraus der CDU nach Doberlug-Kirchhain. Es war der erste mit Ulrich Junghanns als Hauptredner.

DOBERLUG-KIRCHHAIN Der Mann von der CDU-Ortsgruppe Elsterland nimmt gleich drei Freibier, denn er will auf Nummer sicher gehen, was einen unterhaltsamen Abend angeht: „Beim Schönbohm“, sagt er entschuldigend, „war’s immer amüsant. Der Uli ist zwar ein guter Mann, aber kein Gute-Laune-Drops.“ Dass viele Parteimitglieder diese Auffassung über ihren Vorsitzenden Ulrich Junghanns teilen, muss bezweifelt werden: Von Beginn an ist die Stadthalle in Doberlug-Kirchhain (Elbe–Elster) gut gefüllt. Mit 500 Gästen hat die CDU gerechnet, fast 900 sind gekommen. Vielleicht ist es Neugier darauf, wie sich Junghanns bei seinem Aschermittwochs-Debüt schlägt, vielleicht ist die Lust auf zünftige Generalabrechnung bei Bier, Brezeln und Blasmusik auch nach einer Zwangspause im Vorjahr gewachsen: Infolge der E-Mail-Affäre fiel der Politische Aschermittwoch der märkischen CDU 2007 aus.
Zunächst stürmt Generalsekretär Rolf Hilke für ein zehnminütiges Grußwort auf die Bühne – und sichert sich sogleich Aufmerksamkeit: „Die SPD plant eine Einöde im Süden Brandenburgs, sie will ihn verwildern lassen“, ruft er. „Doch bei der CDU gibt’s keine Wegzugsprämie, sondern Freibier fürs Kommen.“ Hoppla, da reiben sich einige im Saal die Augen. Das geht ja munter los. Und Hilke legt nach: „Die Linke im Land schnürt munter Wünsch-Dir-was-Pakete, und die SPD rennt blind hinterher. Doch egal, wie schnell sie läuft, die Linke ist immer schon da.“ Da hat Hilke einen Rat für den Koalitionspartner: „Wer sich parfümiert neben einen Misthaufen stellt, lässt den nicht besser riechen. Er fängt nur selbst an zu stinken!“ So geht es weiter. Applaus im Saal, Erstaunen, Begeisterung. „Das waren die längsten zehn Minuten des heutigen Abends“, sagt der Moderator, denn Hilke hat sich 20 Minuten lang in Form geredet. Was der Moderator nicht wissen kann: Unterhaltsamer wird es nicht mehr.
Ulrich Junghanns gibt sich aber redlich Mühe. Der Satz „Es gibt viele Themen, die man ansprechen müsste“, gehört dennoch nicht zu den eindrucksvollsten Eröffnungen. Dann ist er erstmal bei der Lage in Hessen, bevor er zur märkischen SPD kommt: Ihr hält Junghanns vor, derzeit Eintrittskarten für die nächste Regierungskoalition zu verteilen: „Mindestens der Mindestlohn ist offenbar gefordert“, ruft er und warnt vor Rot-Rot in der Mark. Zur Situation in seiner Partei sagt Junghanns, „in der Brandenburger CDU unter Prinz Ulrich kann man sich wohlfühlen“. Falls das Ironie war angesichts des Machtkampfes mit Ex-Generalsekretär Sven Petke, lässt er es sich nicht anmerken. Am Schluss versucht Junghanns dann noch einen Witz über dicke Märker. Niemand lacht. „Das mit den Scherzen, das sollte er lassen“, diagnostiziert der Mann aus dem Elsterland trocken über seinen leeren Biergläsern. Ganz anders Berlins CDU-Fraktions chef Friedbert Pflüger. Der kommt zwar deutlich zu spät aus Köln – die Band spielte, um die Zeit zu dehnen, schon den „Holzmichl“ – steht aber ab dem ersten Wort auf dem Gaspedal. „Seien Sie stolz auf Ulrich Junghanns. Er ist der erfolgreichste Wirtschaftsminister der neuen Länder. Brandenburg hat mehr Wachstum als Berlin“, ruft er. Jubel. „Berlin und Brandenburg gehören zusammen!“ Tosender Applaus. Als er ein „tugendhaftes, bescheidenes Preußen“ beschwört, das Werte wie „Anstand, Ehre und Pünktlichkeit“ zu schätzen wisse, gibt es stehende Ovationen. Dass Pflüger die Gäste warten ließ, ist vergessen. „Das Land sollte von niemandem regiert werden, der diese Tugenden als Sekundärtugenden disqualifiziert, als Tugenden, mit denen man auch ein KZ führen könnte“, ruft Pflüger, mittlerweile seines Jackets entledigt, in Anspielung auf ein uraltes Oskar-Lafontaine-Zitat. Zum Schluss kommt er noch zu seinem Lieblingsthema: dem Weiterbetrieb des Flughafens Tempfelhof. „Ich danke Uli Junghanns, Sven Petke und Jörg Schönböhm, dass sie sagen, wir brauchen Tempelhof weiterhin“, ruft er. „ Tempelhof gefährdet Schönefeld nicht. Das steht weder im Grundgesetz noch in den zehn Geboten.“

Erschienen am 08.02.2008

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