Überfällig

Jan Bosschaart über die Beteiligung der Jugend an städtischen Projekten

Wer zuviel Grönemeyers „Kinder an die Macht“ gehört hat, könnte auf den Gedanken verfallen, wir hätten es mit einer blühenden, pazifistischen, glücklichen Welt ohne Ungleichbehandlung, Egoismen und Konflikte zu tun, wenn die Jüngsten das Steuer übernähmen. Wer aber mal 20 Minuten im Kindergarten neben dem Buddelkasten gesessen hat, weiß, dass das nicht stimmt – und dass an manchen Tagen das Rathaus, die Stadtverordnetenversammlung, der Oberbürgermeisterwahlkampf und diverse Pressekonferenzen die Fortsetzung des Buddelkastens mit anderen Mitteln sind: mit der gleichen Heimtücke und dem gleichen Egoismus, aber verfeinerten Werkzeugen wie gezielter Intelligenz, viel Lebenserfahrung und großen Netzwerken im Hintergrund. Daraus nun wiederum abzuleiten, die Kinder müssten nicht beteiligt werden, wäre allerdings auch ein Fehler: Wann immer es um ihre Belange geht, sollte Kinder und Jugendliche gehört werden, und weil sich selbst talentierte 14-Jährige wohl nur schwerlich für Verwaltungsvorlagen, Kommunalverfassung und Straßenausbaubeitragssatzung begeistern können, ist die richtige Methodik in diesem Fall mindestens genau so wichtig wie das Vorhaben an sich. In der „kinderfreundlichsten Stadt“ allzumal.

Erschienen am 15.02.2010

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