Das wahre Leben
Es ist verdienstvoll, dass das Medienlabor Potsdam und die „Politikfabrik“ junge Menschen die EU „abchecken“ lassen. Und es ist nötig. Denn obwohl die Abiturienten, Azubis und Studenten heute weltgewandt und weltoffen sind und mit 20 Jahren oft mehr von der Welt gesehen haben, als ihre Eltern mit 40 oder 50, rauscht die politische und gesellschaftliche Wirklichkeit im Zielland häufig im Zug oder Bus an ihnen vorbei. Clubs sind halt keine Vorstädte, Strände keine Provinz und Bars keine Bergdörfer. Genau in letztere aber werden die EU-Checker gesandt, und die Pflicht zur Berichterstattung schürt das Interesse am Leben und Leiden dort. Selbst der gern und oft zu Recht vorgebrachte Einwand, es bewerbe sich ohnehin nur, wer schon politisches Interesse habe, zieht diesmal nicht: Durch die Auswahl per Abstimmung im Internet und dadurch, dass man die Reise online verfolgen und mitbestimmen kann, kommt ein wesentlich größerer Kreis von Jugendlichen mit dem wahren Leben vor Ort in Berührung. Nicht zuletzt ist es sympathische Werbung für Deutschland: Dass unsere Jugend so sehr an seinem Alltag interessiert ist, dürfte den rumänischen Bauern und den bulgarischen Vorstädter recht positiv überraschen.
Erschienen am 20.07.2007