Was bleibt: Toi, toi, toi!

Neulich, im Bauamt. Treffen sich zwei Mitarbeiter auf dem Flur.
„Peinliche Sache, das!“
„Welche von den vielen?“
„Die Radwegmarkierung. Erst markieren wir gegen viel Geld einen Radweg auf der Forststraße, dann kommen die Stadtwerke und reißen genau diesen Streifen wieder auf. 20000 Euro in den Asphalt gesetzt. Und peinlich für den Chef, der selbst markiert hat.“
„Ach, sowas kommt vor. Ich finde die Brückensanierung unangenehmer. Erst kündigen wir eine Sperrung und lange Staus an der Eisenbahnüberführung vor der Langen Brücke an, weil offenbar die totale Gefahr im Verzug ist, und dann blasen wir es bis nächstes Jahr ab, weil alles halb so schlimm war.“
„Verstehe. Die Bürger lachen schon. Da müsste mal jemand einen besseren Überblick haben. Da fällt mir ein: Was macht eigentlich der Klipp?“
„Ach, der markiert doch nur!“
„Ja, eben. Vielleicht sollte er das lassen.“
„Besser nicht. Wenn er nicht markiert, dann asphaltiert er. Kommt auch nicht so gut an.“
„Nun ja. Wenn die Hegelallee-Promenade erst dreistreifig in jede Fahrtrichtung ausgebaut ist, laufen wir Münster vielleicht den Rang als Fahrradhauptstadt ab. Ein paar niedergekachelte Rentner können wir dann als Kollateralschäden verkaufen. Und für die Touristenbusse in der Mangerstraße nehmen wir dann Straßenabnutzungsmaut zur Refinanzierung, weil die Anlieger sich ja gegen Ausbaubeiträge wehren. Einmal Jauch in die Kaffeetasse geguckt: 2,50 Euro. Einmal Joop ins Atelier gelinst: 5 Euro.“
„Das funktioniert doch alles nicht. Wir brauchen etwas, um von den Peinlichkeiten abzulenken. Irgendeinen Aufreger, der die Aufmerksamkeit bindet!“
„Wir könnten verkünden, dass die gesamte Innenstadt Tempo 30-Zone werden soll.“
„Hatten wir schon. Im November.“
„Wir könnten damit drohen, die Humboldtbrücke nicht weiter zu sanieren.“
„Hatten wir auch schon, im Frühjahr.“
„Wir könnten leichtfertig einen Uferweg riskieren.“
„Lockt mittlerweile keinen mehr hinterm Ofen hervor, hatten wir schon dreimal.“
„Junge, das ist aber auch schwer.“
„Irgendwie war’s mit der Kuick einfacher. Die hat zwar nichts Sinnvolles getan, aber das wenigstens öffentlichkeitsunwirksam.“
„Dafür hätte man ihr im Bauausschuss immer was spenden mögen, so verzagt, wie sie da herumsaß.“
„Na, dass kann dem Chef ja nicht passieren, der redet da ja auch mal ungefragt. Vielleicht sollten wir ihm doch etwas zu asphaltieren geben. Das gleicht aus und lenkt die Öffentlichkeit ab.“
„Ich fürchte, der Drops ist gelutscht. Ich plädiere dafür, mehr über die Gartenstadt Drewitz zu reden. Da nehmen wir ja den Asphalt weg, um einen Park draus zu machen. Das sieht mehr nach grüner Politik aus, nicht zuletzt, weil Parkplätze wegfallen, und es hat trotzdem erhebliches Protestpotenzial, weil aller Verkehr durch die Nebenstraßen läuft.“
„Interessante Idee. Du, ich muss wieder an die Arbeit!“
„Ja, ich auf. Woran sitzt Du denn gerade?“
„Am neuen, rechtssicheren Bebauungsplan für den Uferweg am Griebnitzsee. Diesmal wird alles wasser-, anrainer- und klagefest. Und Du?“
„Am Ausbau des Busrings in Groß Glienicke. Ist erst die fünfte grundlegende Planänderung, weil immer irgendwer irgendwas dagegen hat.“
„Na dann: Toi, toi, toi!“
„Gleichfalls!“

Erschienen am 21.10.2010

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