„Karl Marx“ lässt Häuser liften

Eine Aufzug-Inbetriebnahme mit ministeriellem Beistand

AM STERN Ruth Rauter hatte mit vielem gerechnet an diesem Vormittag, aber nicht damit, dass der Minister begehrliche Blicke auf ihren Braten werfen würde. Doch Reinhold Dellmann (SPD), im Kabinett für Verkehr und Infrastruktur zuständig, tat genau das: Er stellte sich vor den Braten in Ruth Rauters Küche und sagte vernehmlich: „Der sieht aber lecker aus!“ Der Appetit war so deutlich zu hören, dass Frau Rauter, obschon bestrebt, eine gute Gastgeberin zu sein, sich gezwungen fand, zu antworten: „Ja, der ist für unseren Besuch, der gleich kommen wird.“

So zog der Minister knurrenden Magens wieder aus der Rauterschen Küche. Er hatte sie betreten, weil Ruth und Gerd Rauter die ersten Wiedereinzügler in der Galilei-Straße 73/75 sind, seit die Wohnungsgenossenschaft „Karl Marx“ das Haus aufwändig sanierte: mit neuem Wohnungszuschnitt, neuen Bädern, Wärmedämmung, neuer Fassade und einem Fahrstuhl, der dafür sorgt, dass 15 Wohnungen nun alten- und behindertengerecht zu erreichen sind. Rund 1,7 Millionen Euro hat das gekostet, und weil das Land im Rahmen eines Zuschussprogramms die Hälfte der Kosten des Aufzugs – etwa 90 000 Euro – übernahm, schaute auch der Minister zur Einweihung vorbei. Schließlich ist die Galileistraße 73/75 das erste Haus, das in den Genuss dieses im Zuge der Föderalismusreform an die Länder gewanderten Fördertopfes gelangte, der im Februar geöffnet wurde.

Es war Dellmans erster Termin nach dem Urlaub und es schien, als habe er gefastet: Auch WG-Chef Ulf Hahn musste den Minister enttäuschen, als der nach einer Testrunde mit dem Fahrstuhl fragen ließ, wo denn nun die Schnittchen zu finden seien. „Beim nächsten Mal wieder“, sagte Hahn, und machte ein Gesicht, als sei er beim Abschreiben ertappt worden.

Davon abgesehen war es ein guter Tag für den WG-Chef: Die hellen, großzügigen und leicht zugänglichen Wohnungen mit 46, 55 und 61 Quadratmetern Wohnfläche ernteten viel Lob und sind samt und sonders schon vergeben, nicht zuletzt wegen günstiger Mietpreise. Der Beginn der Sanierung und Erweiterung des nächsten Hauses steht noch in dieser Woche an: Am Kahleberg werden nicht nur zwei Stockwerke auf ein weiteres WG-Gebäude draufgesetzt, dank erneuter Förderung aus dem Hause Dellmann wird auch dort ein Aufzug das Erreichen der Wohnungen nicht nur für Alte und Behinderte erleichtern.

Die Rauters sind schon jetzt hochzufrieden. Sie sind trotz Baulärms früher zurückgezogen und erfreuen sich täglich am neuen Schnitt ihrer Wohnung, am breiten Korridor und dem großen Bad. Und am noch eben geretteten Braten.

Erschienen am 31.07.2007

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