„Da hingehen, wo die Angst ist“

Sarah Kuttner liest ihre Kolumnen

Heute Abend gastiert Sarah Kuttner mit ihrem Buch „Die anstrengende Daueranwesenheit der Gegenwart“ im Waschhaus. Die MAZ sprach vorab mit der umtriebigen Autorin über Potsdam, langweiliges Lesen und die geplante Radioshow mit ihrem Vater. Die Fragen stellte Jan Bosschaart.

Eine Lesung in Potsdam – ist das eine kleine Heimkehr?
Kuttner: Da ich Potsdam zu Berlin zähle: Ja! Es ist eine bewusste Entscheidung für Potsdam und gegen Berlin. Letztes Mal in Berlin wirkte das Publikum ziemlich reserviert. Da dachte ich: Nee, wenn die immer so schnell von allem genug haben, geh ich lieber nach Potsdam, die freuen sich sicher. Und ich mag Potsdam.

Ist Ihr unruhiger Geist überhaupt irgendwo zu Hause?
Kuttner: Klar! Ich bekomme sogar sehr schnell Heimweh, wenn ich mal weg bin.

Was erwartet die Besucher der Lesung?
Kuttner: Das wird gar keine reine Lesung. Nach der letzten Lesetour war mir ziemlich langweilig. Wenn man das so 30-mal macht, denkt man irgendwann: „Ach Gottchen, kann doch jeder selber lesen“. Doch die Anfragen rissen nicht ab, und auch ein „Best Of“ meiner Sendung wünschten sich viele. Da beschloss ich, eine Mischung zu machen und suchte aus dem Archiv die schönsten Einspieler raus. Es wird also Hälfte Kino, Hälfte Lesung. Und das Publikum darf aussuchen.

Es kommen also auch Nichtleser auf ihre Kosten?
Kuttner: Die meisten Leute kommen ohnehin nicht, um sich ein Buch vorlesen zu lassen, sondern um mich mal zu sehen. Außerdem gibt’s absurde Geschenke für jeden, der mit mir vorliest. Auf der letzten Lesung waren es tolle Krankheitserreger als Kuscheltiere, diesmal habe ich eine Geschenktüte gepackt mit Kram, den ich nicht mehr brauche.

Was macht denn nun die Gegenwart so anstrengend?
Kuttner: Na dass sie dauernd da ist! Ich finde die gar nicht so anstrengend, aber im Buch schimpfe ich darüber, dass viele Leute das offenbar tun. Die hören noch die besten Hits der 70er, 80er und 90er oder gucken sich die hundert witzigsten Werbespots im Fernsehen an. Ich finde, dass es durchaus schön ist im Hier und Jetzt und man sich damit ruhig beschäftigen sollte.

Demnächst moderieren Sie mit Ihrem Vater eine Radiosendung. Wie wird das?
Kuttner: Wir wissen’s beide nicht, wir finden’s aber eine irre Idee. Das reizvolle daran ist unsere Verschiedenheit. Es wird keine Jagd nach Pointen geben – wir können ja beide gleichzeitig irre witzig sein.

Gibt es ein Konzept?
Kuttner: Kaum. Wir lassen uns ins Studio sperren und schauen mal, was rauskommt. Mein Vater wollte das schon lange, aber ich war skeptisch. Jetzt dachte ich: Einfach mal da hingehen, wo die Angst ist.

Erschienen am 28.09.2007

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