Unverkrampft aufgelegt

Zugegeben, es ist befremdend zu lesen, es gehe um „Körper, Liebe, Doktorspiele vom ersten bis dritten Lebensjahr“. Selbst in unserer aufgeklärten Gesellschaft, der reflexartig Tabulosigkeit vorgeworfen wird. Doch die mediale Sexualisierung, all die Hintern und Brüste, die über den Bildschirm flimmern, das Internet bevölkern und auf tausenden Zeitschriftenseiten prangen, sie ersetzen keine frühe „Sexualerziehung“, wenn es denn unbedingt dieses gruselige Wort sein muss. Wir tragen gern das Etikett „aufgeklärt“ mit uns herum, und spätestens seit Sigmund Freud weiß auch die Wissenschaft, was man doch längst geahnt hatte: dass Kinder eine Sexualität besitzen. Doch es scheint, als ließe man es gern dabei bewenden. Und so wird weiterhin eher verschämt und verdruckst Doktor gespielt, weil Kinder die Tabus spüren, die ihre Eltern schon lange nicht mehr hinterfragen oder gar zu pflegen leugnen. Eine entsprechende Kampagne, erst recht, wenn sie so frisch und unverkrampft aufgelegt wird wie in „Nase, Bauch und Po“, kann für die gern zitierte „psychosexuelle Entwicklung“ nur förderlich sein. Die Praxen der Psychologen sind voll von Menschen, die derlei nie genossen haben.

Erschienen am 23.10.2007

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