SAMSTAGMORGEN: Notstand ist Notstand

Das ertrage er einfach nicht, erklärte diese Woche ein Leser am Telefon. Er sprach nicht vom Abschlachten in Syrien oder von Kindesmissbrauch, sondern von etwas, das er „einen drohenden Notstand an Beachvolleyballplätzen in Potsdam“ nannte. Gemeint ist ein Platz im Bornstedter Feld, der einer seit 15 Jahren geplanten Wohnbebauung weichen muss. Direkt neben-
an gibt es vier weitere Plätze, die bleiben. Doch Notstand ist Notstand. Wir sehen daher schon das UN-Flüchtlingshilfswerk, von Blauhelmen beschützt, ins Bornstedter Feld einziehen, wo aus dem Sand gesperrter Uferwege dieser Stadt ein erster Beachvolleyballplatz improvisiert wird, um die ärgste Not zu lindern. Auf eben jenem schlägt dann Matthias Finken, Chef des Bürgerforums Nord und eifriger Unterschriftensammler gegen die Bebauung, im CDU-farbenen Bikini auf – auf der Gegenseite sein Lieblingskontrahent aus alten Kampftagen um den Badstandort, Thomas Hintze, im Borat-String. Auf den Bällen stehen Argumente wie: „Vergesst den Norden nicht“, „Potsdam braucht Wohnungen“, „Der Brauhausberg muss frei bleiben“ und „Gemeinwohl? Nein danke!“. Die beiden schmettern sie sich nur so um die Ohren, und wir hören schon den Oberbürgermeister warnend rufen: „Bis einer weint!“. Doch da schreiten die Punktrichter, vier Drewitzer Kita-Erzieherinnen in Resozialisierung, ein. Sie können zwar nicht unfallfrei bis 33 zählen, aber bis 21 hat es gereicht. Als sie gerade den Sieger küren, klingelt der Wecker. Zum Glück.

(Anmerkung für Nichtabonnenten: Den vier Kita-Erzieherinnen war am Vortag gekündigt worden, weil sie ein Kind auf einem Ausflug vergessen hatten – wegen „Verzählens“)

Erschienen am 04.08.2012

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