Schluss mit lustig
Musik: Deutschlands vulgärste Boygroup Knorkator hört auf
BERLIN 2006 hieß es noch, „Wir werden auf die Kacke hauen, bis man uns das per Gesetz verbietet oder unsere zerfetzten Körper es nicht mehr zulassen.“ Nach Erschlaffung sah es aber zum Auftakt der Knorkator-Abschiedstournee am Donnerstag im Berliner Monbijoupark gar nicht aus: Frontmann „Stumpen“ wirkte wendig und vulgär wie eh und je und eröffnete gut gelaunt mit „Es kotzt mich an“ das zweistündige Konzert, in dessen Verlauf kein Knorkator-Klassiker wie „Ding in die Schnauze“, „Ich hasse Musik“, „Ick wer zun Schwein“ und einige weitere mit nicht zitierfähigen Titeln und Texten folgten.
Die Atmosphäre war trotz mehrerer hundert Gäste im hölzernen Amphitheater familiär. Knorkator, die sich selbst die „etwas andere Boygroup“ nennen, sind eine Band des Entspanntseins: Ohne Konzept, ohne Schuhe, ohne politische Korrektheit. Etwa die Hälfte der Lieder wurde nicht zu Ende gespielt, weil irgendwer daneben griff, „Stumpen“ aus dem Rhythmus kam oder den Text vergessen hatte.
Das passierte ihm besonders gern bei „Westliedern mit englischem Text“ wie seiner Persiflage auf „Highway to Hell“, das er im Falsett als Ballade anlegte. Die Fans lieben Knorkator nicht nur für hintergründige Komik: Sie kommen vor allem, um den Anarcho-Charme der „weltweit meisten Band Deutschlands“ zu genießen.Knorkator machen alles, was anstößt: Sie beschimpfen das Publikum, sie nehmen nichts ernst – sich selbst zum Glück auch nicht –, sie beleidigen jeden, zelebrieren den Ekel und alles Fäkale, lassen an nichts ein gutes Haar. Sie sind wie Riesenbabys, die sich weigern, erwachsen zu werden, aber das mit soviel Charme und Selbstironie und – ja, doch – auch Intelligenz, dass es schon wieder fast reif wirkt. Lange galt die Band aus Berlin als subversiver Geheimtipp. Dann kam der Grand-Prix-Vorentscheid im Jahr 2000, und Deutschland reagierte auf die Provokationen der Spaßrocker, die im ARD-Abendprogramm in Plüschkostümen Möbel zersägten, wie es sollte: beleidigt. Einen größeren Gefallen hätte man der Band kaum tun können. „Soviel Spaß hatten wir selten“, sagte Stumpen.
Nun, nach elf Jahren, ist erstmal Schluss mit lustig. „Es hat einfach Gründe“, ist alles, was von Stumpen an diesem Abend zu den Gründen zu hören ist. Mehr war von einer Band, die nichts ernst nimmt, nicht zu erwarten.
Erschienen am 19.07.2008