Gestolpert
Jan Bosschaart über einen Unternehmer, der sich selbst demontiert
Was da gestern Nachmittag in Zossens Berliner Straße zu beobachten war, war nicht weniger als die öffentliche Selbstdemontage eines Gewerbetreibenden und Bürgers. Denn es gibt kein vernünftiges Argument gegen die Stolpersteine – es sei denn, man ist Antisemit, Holocaust-Leugner oder sonstwie rechtsextremen Überzeugungen anhängig. Ob das auf den Unternehmer zutrifft, steht dahin. Den Verdacht hat er jedenfalls erfolgreich geweckt. Geschäftsschädigend sind nicht die Steine, sondern das Gebaren des Mannes, der sich nicht zu schade war, eine von der absoluten Mehrheit der Zossener Stadtverordneten und der Bevölkerung getragene Aktion nach Kräften zu sabotieren, und der, da er keine Argumente zu nennen wusste, in hilfloser Wut zum Schubsen, Zerren, Brüllen und zum Entreißen von Kameras griff. Auf offener Straße, wohlgemerkt, unter den Augen von Passanten und Kunden. Gebracht hat ihm das außer einer Anzeige und einer eklatanten Rufschädigung nichts: Die Steine ruhen wie geplant im Pflaster. Der „Medienkombin@t“-Betreiber aber ist darüber gestolpert. Das ist nicht ohne Ironie: Eigentlich dienen die Stolpersteine dazu, Antisemitismus vorzubeugen. Dass sie ihn zuweilen aus dem Dunklen ans Licht zerren, ist ein eher unerwarteter Effekt.
Erschienen am 21.11.2008