Was bleibt: Vielen Dank, für die Sperren!
Konjunkturpakete sind eine feine Sache. Doch es muss nicht immer nur der Staat sein, der hilft. Immer häufiger greifen auch Privatleute der darbenden Konjunktur beherzt unters Schultergelenk, manchmal sogar gegen deren Willen. Und es kann so einfach sein; der persönliche Einsatz ist dabei denkbar gering: Ein rostiger Zaun, ein „Betreten Verboten!“-Schild aus dem Baumarkt und ein verdammt dickes Fell genügen zurzeit völlig. Gut, ein Wassergrundstück nebst darüberlaufendem Weg gehört noch dazu, befindet sich bei unseren Konjunkturfreunden aber ohnehin im Bestand. Erster Profiteur ist in der Regel dann die juristische Branche, denn Uferwegstreits, das zeigt die Erfahrung, landen stets vor Gericht – mehrfach und vor fast allen Instanzen. Dazu braucht jede Seite einen Anwalt. Christoph Partsch etwa, der einen Großteil der Griebnitzsee-Anrainer vertritt und nun offenbar auch die Mandate von zwei Sperrern am Glienicker See bekam, sei der Einfachheit halber folgender Slogan empfohlen: „Sie haben ein Grundstück am Wasser? Rufen Sie an! Wir schaffen jeden Uferweg ab, entfernen lästige Spaziergänger von Ihrem Grün und zeigen den Behörden, wie ernst die Justiz es mit der Sozialpflichtigkeit des Eigentums meint“. Profiteur Nummer zwei ist die Immobilienbranche. Es war bis vor kurzem – leider müssen wir hier zum Präteritum greifen – noch eine grandiose Idee, ein auch nur handtuchgroßes Stück Land in Spuckweite zum Griebnitzsee-Uferweg zu erwerben, denn nach einem Gutachten hat sich der Wert jeder Parzelle durch die höchstrichterliche Entfernung des Pöbels aus der Sichtachse Kaffeetasse-Bootssteg mit einer schlichten Verzwanzigfachung aufs Vermögen niedergeschlagen. Für alle, die das Prada-Handy mit integriertem Renditerechner nicht schnell genug zur Hand haben: Der schmale Gegenwert eines besseren Familienvans genügte also, um aus dem Eigner einen Millionär zu machen. Wen wundert’s da, dass die Kriegskassen der Anrainer gut gefüllt sind. Zugegeben, ein bisschen haben gar die Medien profitiert, denn die Erwähnung des Wortes „Griebnitzsee“ in und um Potsdam garantiert in letzter Zeit Leserinteresse, Klickraten und Einschaltquoten – sofern man es denn nicht zu plump versucht und unter der Überschrift „Hundebiss am Griebnitzsee“ eine Meldung verkauft, die von einem Berliner handelt, der „in Sichtweite der Potsdamer Stadtgrenze nahe des Griebnitzsees“ wohnt, wie es ein Mitbewerber dieser Tage tat. Rechnen wir nun noch den Umsatz mit Protestschildern und -plakaten hinzu sowie Sonderschichten in der Stadtverwaltung, bleibt eigentlich nur ein Fazit, das uns zugegebenermaßen aber etwas stockend über die Lippen rinnt: „Danke, liebe Sperrer. Ihr seid wirklich am Gemeinwohl in der Krise interessiert.“
Erschienen am 09.07.2009