Verständnisinnig
Jan Bosschaart über einen Hauch zu viel Konsenswillen beim Mieterverein
Angstschlottern und Zähneklappern muss bei der städtischen Gewoba jetzt ebenso wenig ausbrechen wie bei allen anderen Vermietern in der Stadt: Die neue Vorsitzende des Mieterbundes ist zweifellos engagiert und bestens informiert, eine Kampfansage hat sie bei ihrem Antrittsbesuch aber nicht abgegeben. Das mag durchaus klug sein, denn zerschlagenes Porzellan taugt als Eintrittskarte in der Regel wenig, doch die Ankündigung, nicht in der großen Politik mitmischen zu wollen, sich nicht in generelle mietenpolitische Fragen einzumischen, ja sogar vorab Verständnis für die Wirtschaftlichkeitsinteressen der Vermieter zu bekunden, lässt auch nicht eben auf eine kampfbereite Mieterlobby schließen. Genau einer solchen bedarf es aber in einer Stadt, in der Wohnraum so knapp und so teuer ist, dass ein regelgerechter Wohnungsmarkt faktisch nicht existiert und in der Folge Vermieter mit Mietern vergleichsweise leichtes Spiel haben – Drohungen mit Kündigung sind kein sonderlich effektives Werkzeug, wenn vor der Tür bereits eine Schlange von Interessenten steht, die erst im Schlaatz abreißt. Der Oberbürgermeister ist zwar im Wahlkampf und war daher gestern zu Zugeständnissen bereit, die gar nicht eingefordert wurden. Doch das wird nicht ewig so bleiben.
Erschienen am 05.08.2010