Wenn die Geigen wiehern
Filmlivekonzert zu „Dick und Doof“-Streifen fordert Musikern einiges ab
„War das Moll oder Dur? Also ich hab Dur erwartet.“ Scott Lawton lässt den Taktstock sinken und grinst. Ohne Blick in die Noten kann Gert-Jan Blom aus der ersten Bankreihe bestätigen: „Es ist Dur!“ „Dann habt ihr ein sehr interessantes Dur gespielt“, sagt Lawton, wieder seinem Orchester zugewandt. Die Musiker zucken mit den Schultern und schauen konzentriert auf ihre Notenblätter. Es funktioniert noch nicht alles, aber schon das meiste bei der Generalprobe zum „Filmlivekonzert Dick und Doof“ im Nikolaisaal, das heute Abend dort erklingen wird. Scott Lawton hat das Deutsche Filmorchester Babelsberg bestens im Griff, und er wird von zwei Profis in Sachen Filmmusik der 1920er und 30er Jahre flankiert: Musikforscher Piet Schreuders und Gert-Jan Blom, Orchesterleiter der berühmten „Beau Hunks“, stehen dem Dirigenten zur Seite.
Die beiden Niederländer haben sich das Verdienst erworben, die fast vergessene und vielbelächelte Filmmusik der letzten Stumm- und ersten Sprachfilme auszugraben. „Es ist fast ein archäologischer Prozess gewesen“, sagt Piet Schreuders. Weder gab es Aufnahmen dieser Stücke, noch Noten, noch hielten es die damaligen Filmemacher für nötig, Komponisten oder Musiker im Abspann zu erwähnen. Also setzten sich Schreuders und Blom zusammen und hörten sich die Musik tausende Male an. Sie transkribierten die Noten, bevor sie sie wieder zu Orchesterarrangements zusammensetzten. „Originaltreue war dabei oberstes Gebot“, sagt Schreuders. Vier Alben produzierten die „Beau Hunks“ mit dieser Musik und erwarben sich internationalen Ruhm, bevor sie sich, der Filmmusik müde, wieder anderen Projekten zuwandten. Drei seiner Besten – Saxophonisten und Klarinettisten – hat Gert-Jan Blom nach Potsdam mitgebracht, um das Filmorchester zu unterstützen. „Das Orchester ist gut, aber für sie ist es ein Konzert. Für uns ist es Enthusiasmus und ein Teil unseres Lebens“, erklärt Schreuders lächend den Unterschied.
Den schwersten Job an diesem Abend aber hat zweifellos Scott Lawton: Er muss nicht nur rund 20 Musiker dirigieren, sondern auch noch darauf achten, dass Melodien synchron zu den zwei „Dick und Doof“-Filmen auf der Leinwand laufen. Manchmal auf den Ton genau. „Scott macht das super“, sagt Piet Schreuders anerkennend, „egal in welchem Dur“.
Erschienen am 24.08.2007