SPD: Wicklein ohne Chance
Potsdamerin scheiterte bei der Wahl zum Fraktionsvorstand
BERLIN Es war von vornherein ein schwieriges Unterfangen für Andrea Wicklein: Kampfkandidaturen sind bei der Wahl für den SPD-Fraktionsvorstand unüblich, und so musste die 39-Jährige Potsdamerin mit einigem Unmut rechnen, als sie überraschend gegen Klaas Hübner als stellvertretende Fraktionsvorsitzende für den Bereich „Aufbau Ost, Verkehr und Stadtentwicklung“ antrat. Erschwerend kam hinzu, dass die Wahl im Vorfeld zu einer Entscheidung über die Durchsetzungskraft des Fraktionschefs Peter Struck stilisiert wurde. Entsprechend deutlich war das Ergebnis: Favorit Hübner ging mit 127 Stimmen als klarer Sieger hervor, für Andrea Wicklein votierten 66 Abgeordnete. „Ich hätte mir gewünscht, dass sich die spezifische Lebenserfahrung der Ostdeutschen auch künftig im Fraktionsvorstand widerspiegelt“, sagte Wicklein gegenüber der MAZ zu ihrer gescheiterten Kandidatur. Die Position sei traditionell mit Ostdeutschen besetzt worden. Nach dem krankheitsbedingten Ausscheiden von Hübners Vorgänger Stephan Hilsberg ist nun kein Ostdeutscher mehr im Kopf der SPD-Fraktion vertreten. Klaas Hübner vertritt zwar einen Wahlkreis in Sachsen-Anhalt im Bundestag, stammt aber aus Niedersachsen. Der Haushaltspolitiker kommt aus der Wirtschaft und ist Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, dem auch sein Vorgänger Stephan Hilsberg angehört.
Hübner, Wunschkandidat von Peter Struck, gilt als geräuschloser Macher hinter den Kulissen. Als Unternehmer – sein Metallbetrieb in Sachsen-Anhalt hat mehr als 200 Mitarbeiter – gehört er zu den marktliberalen in der SPD. In seiner Partei wird Hübner wegen Zuverlässigkeit und Verlässlichkeit auch außerhalb des Seeheimer Kreises geschätzt. Die neue Funktion im Fraktionsvorstand zwingt ihn, mit seinen Positionen mehr in die Mitte zu rücken. „Jetzt bin ich für die gesamte Fraktion da“, sagte Hübner zur MAZ. Als Schwerpunkt seiner Tätigkeit bezeichnete er die rasche Annäherung der Wirtschaftskraft der neuen Länder an die der alten. „Das ist im Interesse aller, denn dann müssen die alten Bundesländer weniger Transferleistungen bringen“. Bis es soweit sei, dürfte der Osten beim Länderfinanzausgleich keinesfalls schlechter bedacht werden.
Als Grund für seine Wahl vermutet Klaas Hübner weniger die Unterstützung der „Seeheimer“ oder dass er der Wunschkandidat des Fraktionschefs war. „Bei einem so deutlichen Ergebnis muss ich von einer über die Flügel und Landesgruppen der Partei hinausreichenden Unterstützung ausgehen“. Weil der 39-Jährige seit Jahren als Berichterstatter für Aufbau Ost und Verkehr im Haushaltsausschuss tätig war, haben sich offenbar viele Abgeordnete von seiner Kompetenz überzeugen können.
Andrea Wicklein sagte der MAZ, sie werde gut mit Hübner zusammenarbeiten. Eine erste Gelegenheit dazu gibt es bereits am Wochenende: auf einer Klausurtagung zum Aufbau Ost in Berlin.
Erschienen am 22.03.2007